MARIEDL_ Selfies mit der Riesin von Maxi Blaha und Ursula Fatton

Die Austro-australische Schauspielerin Maxi Blaha verhandelt in ihrem neuen Stück die Geschichte der 1879 geborenen Maria Fassnauer (Mariedl)die Riesin von Ridnaun,. Der Text der renommierten Londoner Autorin Penny Black zeichnet ein Panoptikum an Bild-Inszenierungen, Täuschungen und Marktwert, das auf dem menschlichen Interesse an anatomischen Besonderheiten fußt.

2023 ist die Inszenierung des menschlichen Körpers sowie dessen Vermarktung durch Likes, Followers oder bis ins Unendliche überzogene Selbstdarstellungen aktueller denn je. Wie das Leben der Maria Fassnauer zeigt, lässt sich aber seit jeher Kapital aus körperlichen Ausnahmen schlagen. Auch damals entsprach das, was man sieht, nicht der Realität. In Zeiten von andauernder Selbst-Optimierung, alltäglicher Schönheitschirurgien oder Photoshop jagen viele Menschen Vorstellungen von sich und anderen nach, die es gar nicht gibt.

Der Riesin aus Tirol erging es wohl ähnlich. Von einem Schausteller überredet, schickte die arme Bauernfamilie Tochter Mariedl zwischen 1906 und 1913 als Jahrmarktsattraktion durch Österreich, Deutschland und England. Durch den Verkauf von Postkarten, Frage-Runden vor der Öffentlichkeit oder auch Schau-Essen verdiente „das größte Weib, das je gelebt“ schon damals als Frau ihr eigenes Einkommen. Nicht ohne dafür einen hohen Preis zu zahlen.

Blaha gibt mit ihrer wortgewaltigen Stimme der Protagonistin den Raum, den diese moderne Inszenierung braucht. Harfenistin Ursula Fatton spannt mit ihren zeitgenössischen Kompositionen einen Bogen zwischen damals und heute. Regisseurin Angelika Zacek erweitert das Stück um eine feministisch-avantgardistische Ebene. Das öffentliche und monetär lukrative Sich-zur-Schau-Stellen, das gefährliche Spiel von Betrachten und Betrachtet werden, wird von Kostümbildnerin Julia Klug gekonnt auf Kostüm und Bühnenbild übertragen.

Auszug aus dem Stück „Im Panoptikum der Welt bin ich das Wunder. Das Erstaunliche. Das Echte. Die Laune der Natur. Dafür werde ich bewundert. Ein Fake? Hallo! Die Einsamkeit zerreißt mir das Herz. Die Schande ist ein furchtbares Gefühl. Es geht Dir in jede Zelle Deines Körpers und vergiftet Deinen Sinn. Es gibt nur mehr den Wunsch, normal zu sein, Tag und Nacht, nur ein Gedanke, ein Wunsch: normal zu sein. Normal!“